Die Technik

Rückwärtskraftwerk: Innovation in der Bioenergie

Fernheizwerk Alpbach

In Zeiten der Energiewende sind Effizienz und Nachhaltigkeit zentrale Bausteine einer zukunftsfähigen Energieversorgung. Ein spannendes Konzept, das beide Aspekte vereint, ist das sogenannte „Rückwärtskraftwerk“. Im Kern bezeichnet dieser Begriff ein Kraftwerk, das seine Energieflüsse rückwärts denkt: Statt ausschließlich primär Strom zu erzeugen und Abwärme ungenutzt abzuleiten, nutzt es Abwärme gezielt für weitere Stromproduktion oder Wärmebereitstellung.

Bioenergie Alpbach setzt dieses Konzept in ihrem neuen Hackschnitzelkraftwerk in Alpbach um. Dabei werden regionale Holzreste (Hackschnitzel) als Brennstoff eingesetzt, um thermische Energie zu erzeugen. Im Gegensatz zu klassischen Biomasse-Heizungen erfolgt hier eine Rückverstromung: Die Abgaswärme durchläuft zusätzlich eine organische Rankine-Zyklus-Anlage (ORC), die sie in weiteren Strom umwandelt. Das Ergebnis ist ein deutlich höherer Gesamtwirkungsgrad und eine multifunktionale Energiezentrale.

Funktionsweise des Rückwärtskraftwerks

  1. Brennstoffaufbereitung: Hackschnitzel aus Alpbacher Wäldern werden angeliefert, getrocknet und in den Kessel eingebracht.
  2. Verbrennung und Dampferzeugung: Im Biomassekessel entsteht heißer Dampf, der eine Turbine direkt zur Stromerzeugung treibt.
  3. Abwärmenutzung im ORC: Die im Abgas enthaltene Restwärme (bis 150 °C) wird in einer ORC-Anlage genutzt, um mit einem organischen Arbeitsmedium weitere Turbinen anzutreiben.
  4. Wärmenetz-Anbindung: Überschüssige Wärme (z. B. für Nahwärme) fließt in das örtliche Fernwärmenetz oder versorgt nahe gelegene Betriebe und Gebäude.

Vorteile des Rückwärtskraftwerks

  • Maximale Energieausbeute: Durch die kombinierte Nutzung von Dampf- und Abgaswärme erreicht das Rückwärtskraftwerk Gesamtwirkungsgrade von bis zu 90 %.
  • CO₂-Neutralität: Hackschnitzel binden im Wachstum etwa so viel CO₂, wie bei der Verbrennung freigesetzt wird. Der Kreislauf bleibt klimaneutral.
  • Regionale Wertschöpfung: Lokale Holzwirtschaft profitiert von stabiler Nachfrage. Transportwege sind kurz, was Emissionen reduziert.
  • Versorgungssicherheit: Dezentrale Erzeugung minimiert Abhängigkeiten von fossilen Importen und steigert die Versorgungssicherheit im Alpenraum.
  • Flexibilität: Die Anlage kann Lastspitzen abdecken und mit vollständiger Wärme- oder Stromproduktion auf Marktanforderungen reagieren.

Technische Umsetzung durch Syncraft

Die ORC-Technologie und die Steuerungslösungen liefert die Firma Syncraft aus Schwaz. Dank modularer Bauweise lässt sich die Anlage flexibel skalieren und an unterschiedliche Leistungsgrößen anpassen. Die präzise Regelung der Temperatur- und Druckbedingungen maximiert die Effizienz und gewährleistet einen stabilen Betrieb auch bei schwankenden Biomassequalitäten.

Blick in die Zukunft

Das Rückwärtskraftwerk in Alpbach ist ein Leuchtturmprojekt für bioenergetische Vollintegration. Neben der reinen Stromproduktion gewinnt das Konzept an Bedeutung für die Sektorenkopplung: Wärme, Strom und Mobilität (z. B. Biomethan) werden intelligent vernetzt. Die durch ORC erzeugte Zusatzstrommenge hilft, fluktuierende Erneuerbare wie Wind und Sonne zu puffern.

Mit Projekten wie dem von Bioenergie Alpbach und Syncraft werden erneuerbare Energien nicht nur nachhaltiger, sondern vor allem effizienter. Das Rückwärtskraftwerk markiert einen wichtigen Schritt hin zu einer dezentralen, klimafreundlichen und resilienten Energiezukunft.

Rückwärtskraftwerk: Innovation in der Bioenergie

2 Kommentare zu “Rückwärtskraftwerk: Innovation in der Bioenergie

  1. Peter Mühl sagt:

    Im Rahmen des Bioheizkraftwerks in Alpbach ist es mir aufgefallen, dass in vielen modernen Fernwärmesystemen Pufferspeicher eingesetzt werden, um die erzeugte Wärme effizient zu speichern und flexibel auf den schwankenden Wärmebedarf reagieren zu können.
    Ich möchte daher fragen, ob in der Planung des Bioheizkraftwerks Alpbach bereits die Integration eines Pufferspeichers berücksichtigt wurde, oder ob eine Nachrüstung in Zukunft eine Option darstellen könnte, um die Effizienz und Flexibilität des Systems weiter zu steigern.
    Über eine Rückmeldung und weiterführende Informationen zu diesem Thema würde ich mich sehr freuen.

    1. Andreas Jost sagt:

      Servus Peter!
      Danke für deine Frage. In unserem Projekt wird vorerst ein Pufferspeicher mit 200.000L eingesetzt. Je nach Entwicklung des Fernwärmenetzes könnte in Zukunft noch ein 2. Pufferspeicher nachgerüstet werden.

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